Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung: Industrie fordert Nachbesserung

20.05.2009

Obwohl die zuletzt vom Bundesumweltministerium veröffentlichte Fassung des Entwurfes der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle (Version vom 18. März 2009) eine Verbesserung gegenüber der vorherigen Fassung darstellt, sind sie nach wie vor in einigen Punkten immer noch nicht nachvollziehbar, inkonsistent und im Widerspruch zu eindeutigen Forderungen von ESK, SSK und RSK.

„Es ist für uns z.B. nicht nachvollziehbar, dass der BMU entgegen den Empfehlungen der von ihm selbst eingesetzten Entsorgungskommission ESK in dem aktuellen Entwurf am risikobezogenen Beurteilungsmaßstab für das Endlagersystem festhält“, erklärt Holger Bröskamp, Geschäftsführer der GNS und Mitglied der ESK. Schon im Jahr 2002 hatten die ebenfalls vom BMU eingesetzten Kommissionen für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz (RSK/SSK) ausdrücklich auf die problematische Vermittelbarkeit dieses Ansatzes hingewiesen.

Der sich hieraus ergebende Dosisgrenzwert von 0,025 mSv pro Jahr ist um den Faktor 4 kleiner als der international übliche und von der RSK und der SSK bereits 2008 für einen nachhal­tigen Schutz empfohlene Wert von 0,1 mSv, der wiederum der Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition entspricht. Insofern ist der BMU-Ansatz nicht vernünftig zu begründen und auch nicht nachvollziehbar.

„Nach wie vor unverständlich sind für uns außerdem die diffusen und inkonsistenten Aussagen zur Rückholbarkeit und die daraus abgeleiteten verschärften Anforderungen an die Abfallbehälter,“ führt Bröskamp weiter aus. Obwohl grundsätzlich durch die Sicherheitsanforderungen eine Rückholung der Abfälle nicht vorzusehen ist, werden für die Abfallbehälter konkrete Anforderungen an die Rückholbarkeit definiert. Dabei übertrifft der vorgesehene Zeitraum von 500 Jahren sogar noch eine in anderen Ländern betrachtete und in der Regel auf die Be­triebsphase beschränkte Rückholbarkeit. Auch führt der Einsatz dickwandiger Behälter nicht automatisch zu einer Erhöhung der Sicherheit, da im Rahmen des komplexen Gesamtsystems auch Szenarien zu betrachten sind, bei denen dickwandige Behälter sich im Hinblick auf die Sicherheit kontraproduktiv verhalten. „Allenfalls wäre es aus unserer Sicht denkbar, vom Antragsteller ein Konzept zu fordern, in dem grundsätzlich gezeigt wird, wie die Bergung bzw. Rückholung der Abfallgebinde bis zum endgültigen Verschluss der Schächte erfolgen kann“, schlägt Bröskamp deshalb vor.

Forderungen an Auswahlverfahren nicht sicherheitsgerichtet

Ferner sind die im Entwurf enthaltenen Forderungen an ein transparentes und nachvollziehbares Auswahlverfahren nicht sicherheitsgerichtet, sondern ausschließlich populistischer Natur. Ein objektiver Vergleich mehrerer Standorte, womöglich auch noch verschiedener Wirtsgesteine mit entsprechend unterschiedlichen Endlagerkonzepten ist rein wissenschaftlich nicht möglich (vgl. auch Artikel von G. Resele, atw 5/09) und wird international auch nicht gefordert. Auch sind gemäß höchstrichterlicher Rechtssprechung (vgl. Konrad-Urteil vom März 2006) keine vergleichenden Standortanalysen erforderlich, vielmehr ist zur Genehmigung eines Endlagers die sichere Einhaltung der Schutzziele des Atomgesetzes nachzuweisen.

Aufgrund dieser grundlegenden Schwächen fordert Bröskamp die neuerliche Überarbeitung des Entwurfs der Sicherheitsanforderungen. Im Hinblick auf die grundlegende und langfristige Bedeutung der Sicherheitsanforderungen für die Lösung der Endlagerfrage für hochradioaktive Abfälle muss ein Konsens mit allen Beteiligten unter Berücksichtigung der ESK/SSK-Konditionen angestrebt werden.